Washington und die Machtfrage

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Wenn man von Macht spricht kommt man nicht umhin, umgehend zu relativieren. Eltern sind die unmittelbarste Form der Macht, die als kleinster gemeinsamer Nenner gelten könnte, wenn von Macht gesprochen werden muss.
Denn auch wenn wir unterschieldlicher Meinung sind, wie mächtig jemand überhaupt sein darf, so einig dürften wir uns sein, dass sich das Machtgefüge zwischen Eltern und Kind im Laufe der Zeit verschiebt, ja verschieben muss.
Im Laufe der Jahre sozialisieren wir uns außerhalb der Familie und spüren unsere Ohnmacht eher als wir unsere Macht erleben. Irgendwann aber wird jedem einmal klar, dass eine Macht in Frage gestellt werden kann und vielleicht gestellt werden muss.
Bedenken wir, dass jede Machtfrage erst einmal eine Idee ist. Eine Idee, die in ihrem Kern auf äußeren Einflüssen fußt und sich kollektiv Bahn brechen muss, wenn sie denn kollektiv gestellt werden soll.
Kein Mensch käme auf die Idee die Macht von Mutter Natur ohne grundlegende Beweggründe zu bezweifeln. Katastrophen geschehen, sagen wir uns.
Zur Zeit wird die Macht der Geheimdienste in Frage gestellt.
Nicht überall auf der Welt aber unüberhörbar.
In den USA stellt ein Parlament einen im Land sehr umstrittenen Bericht über Gräueltaten der Organe der eigenen Regierung zur öffentlichen Diskussion. Der Bericht mag nicht vollständig sein – aber es kommt in diesem Falle eher zweitrangig auf die Vollständigkeit an. Was zählt ist die Situation! Man stelle sich vor, welche Wirkung ein solcher Bericht in einem – sagen wir mal – arabischen Land vor der Rebellion ausgelöst hätte. Die Reaktion der Europäer und der ganzen westlichen Welt wäre wahrscheinlich ein entsetztes Aufstöhnen der Menschen und der Presse gewesen, gepaart mit dem Ruf der Politik nach juristischen Konsequenzen.
Konsequenzen, die die alten Despoten vielleicht hätten ziehen können – denn sie waren ja „allmächtig“. Die Grenzen ihrer Macht hätten sie ausgetestet, hätten sie die Angelegenheit ungesühnt gelassen: Sanktionen, Abbruch der diplomatischen Beziehungen, vielleicht sogar militärische Intervention böser Nachbarn oder nervöser Polizisten hätten die Folge sein können. Das muss man als Mächtiger erst einmal wollen. Letztendlich haben die Regierten, die Überwachten und Unterdrückten dieser arabischen Despoten eine Machtfrage gestellt.
Eine Frage die so unüberhörbar war, dass die Antwort nur der Zusammenbruch des bis dahin unumstößlichen Machtapparates sein konnte.
Dass der vermeintlich mächtigste Mann der Welt die an ihn gerichtete Forderung nach Konsequenzen aus dem Bericht um die vollkommen abartigen, nicht tolerierbaren Vorgänge im „Kampf gegen den Terror“ nicht erfüllen kann, ist der Kern eines Problems. Eines Problems, das meiner Ansicht nach in einer Machtfrage mündet. Denn gleich auf mehrere Weise wird hier „Macht“ ausgehebelt:
Die Macht des Gesetzes, das für alle gleich gelten muss und dummerweise die Macht der Regierung, die eine alte (vermeintlich schuldige) Regierung ersetzte.
Was bleibt, ist die Macht des Volkes und die ist in der Präambel der USA so festgeschrieben:
“We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness. — That to secure these rights, Governments are instituted among Men, deriving their just powers from the consent of the governed, — <b>That whenever any Form of Government becomes destructive of these ends, it is the Right of the People to alter or to abolish it, and to institute new Government, laying its foundation on such principles and organizing its powers in such form, as to them shall seem most likely to effect their Safety and Happiness</b>. Prudence, indeed, will dictate that Governments long established should not be changed for light and transient causes; and accordingly all experience hath shewn that mankind are more disposed to suffer, while evils are sufferable than to right themselves by abolishing the forms to which they are accustomed. But when a long train of abuses and usurpations, pursuing invariably the same Object evinces a design to reduce them under absolute Despotism, it is their right, it is their duty, to throw off such Government, and to provide new Guards for their future security.”
Es ist ein schöner Gedanke, dass diese Option der Machtfrage tatsächlich im Raum steht. Und es ist schade, dass man sich in fremde Angelegenheiten eben nicht einmischen soll. Auch wenn dies weniger eine Frage der Macht, denn des Verstandes ist und der Einsicht in die Geschichte.


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