Biogas Wendland: Was bleibt vom Hype?

Also irgendwie hörte sich das doch ziemlich ernüchternd an. Ich war heute auf dem Biogasforum im – inzwischen verkauften und noch immer als Ort solcher Treffen betriebenen – Jagdschloss Göhrde. Dabei ist das ZDF noch voller Euphorie.
Da saß ich nun, mitten unter so vielen Gästen. So viele habe es noch nie bei einer ähnlichen hiesigen Veranstaltung gegeben, sagte Horst Seide. Er muss es wissen, ist doch ein Pionier und außerdem: Horst Seide ist Chef der Region Aktiv. Seine Einschätzung von der Verbandstagung des Biogasverbandes fasse ich mal zusammen: Man kann wieder mit einander reden, weil die Betreiber ihre Euphorie der ersten Jahre überwunden haben und nicht mehr nur glückseelig grinsen. Der Alltag hat die meisten eingeholt, jede dritte Anlage schreibt rote Zahlen.
Grundsätzlich ernüchternd war für mich, was mir ein Bauer vor der Tür sagte. Er erklärte mir, warum er KEINE Biogasanlage betreibt: ‚So eine Biogasanlage ist eine 10.000 Liter Hochleistungskuh. Die will immer das richtige Futter; immer zur richtigen Zeit. An die musst du auch noch im Bett denken, sonst bringt sie diese Leistung nicht.‘ Welches Futter das richtige ist und ob der nächtliche Gruß in den Stall tatsächlich wirkungsvoll ist, weiß aber nur der Fachmann.
Biogasanlagen sind natürlich noch viel komplizierter als ne Kuh (obwohl das Grundprinzip gleich ist: Bewegungsenergie und Wärme aus Silage). Darum nützt ein Fachmann nix. Es geht um Chemie, Biologie, Physik, Ökonomie und das alles nachzulesen bei tausenden von Quellen (im Netz, wenn Zugang vorhanden) und unter sich stetig verändernden Rahmenbedingungen. Die Mirkoorganismen auf der einen und die Einspeisevergütung auf der anderen Seite machen aus dem Traum der Bioenergie schnell eine Milchmädchenrechnung.
Es helfen: Noch mehr Normen und Vereinbarungen, Lobbyarbeit mit Staatssekretären und ein Masterstudiengang (der im Landkreis gerade im Entstehen ist).
Banker und Bauer sind nämlich ähnlich arm dran. Der eine soll finanzieren was der andere betreiben will und beiden hoffen, dass der Gegenüber etwas von dem versteht was durch den Berater bestätigt wurde. Die Wahrscheinlichkeit ist gering – der Bildungsnotstand ausgerufen.
Darum drücken sie in Zukunft die gleiche Schulbank (Vollzeit oder berufsbegleitend) und lernen etwas über die Nutzung von Fäkalgasen. Abgerechnet wird – je nach Sichtweise – in Euro oder Kilowattstunden/elektrisch.
Und was ist mit Öko, diesem ursprünglichen Gedanken? Was ist mit phänomenalen Wirkungsgraden und Demonopolisierung der Stromerzeugung? Was mit regionalen Wertschöpfungsketten? Was ist mit dem Klima? Alles noch gut und wichtig. Aber EEG und NAWARO-Düngebilanzen, der Kampf um die Mikroorganismenstämme und Substrate verstellt irgendwie den Blick auf diese Fragen.
Vielleicht ist das aber auch gar nicht so wichtig. Wichtig ist und bleibt der Preis für Kali und Stickstoff.
Denn ohne Dünger wächst nix. Nicht mal nachwachsende Rohstoffe.
Sorry, wenn ich das mal so sage. 😉
PS: Die meisten Wortbeiträge habe ich mit meinem Aufnahmegerät mitgeschnitten, um mir die Schreibarbeit zu sparen. Interesse?


Kommentare

Eine Antwort zu „Biogas Wendland: Was bleibt vom Hype?“

  1. [X] Interesse!

Schreibe einen Kommentar zu Henning Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert