Am 6. April soll die Öffentlichkeit wieder einmal über den aktuellen Stand in Sachen Ratskeller informiert werden. Ich erwarte das Finale! Wer die Gerüchteküche und die Presse aufmerksam verfolgt hat, dürfte diese Erwartung teilen.
Für alle anderen, die Entwicklung der vergangenen zwei Jahre im Schnelldurchlauf.
13. Januar – der Tag des Brandes. (YouTube)
Im Laufe der Generationen war es an gleicher Stelle schon öfter zu brenzligen Situationen gekommen. In der EJZ stieg man – auf der Suche nach Hintergrundmaterial – in die Archive und wurde fündig. War es Intiution oder ist es die Erfahrung der Lokalredaktion gewesen, die Schwierigkeiten mit den Vorschriften der öffentlichen Hand 20 Tage nach dem Brand zu erwähnen? Am 3. Feburar titelt die EJZ:
03.02.2007
»Rathskeller» war nicht zu retten
…Der Chronist Seeger berichtet in den Annales Dannenbergicae von drei Bränden im Abstand von nicht viel mehr als 100 Jahren, allen voran der Brand von 1608: Er »verzehrete die Süden-Seite des Markts, ergriff das Rathaus, brannte bis ans Drawehner Thor und auf der anderen Seite wieder herauf…» Es dauerte lange, bis alle Häuser wieder aufgebaut waren. Die neuen Bauvorschriften des Herzogs, anstelle von Lehm nun Ziegel und anstelle von Stroh künftig Dachpfannen zu verwenden, konnten von der Bevölkerung insgesamt nur zögernd umgesetzt werden. …
Bevor neu aufgebaut werden kann, muss bekanntlich erst einmal geräumt werden. Schon weil die Lange Straße kurz nach dem Brand komplett gesperrt war, drängten die anliegenden Geschäftsleute zur Eile. Die Aufräumarbeiten kamen aber schon nach kurzer Zeit ins Stocken und tagelang tat sich gar nix. Schuld war wohl die Gewerbeaufsicht, die einen Einsturz fürchtete. Noch wusste ja niemand was noch werden würde. Am 10.Februar war in der EJZ zu lesen:
10.02.2007
Stillstand am Ratskeller
… Für Dannenbergs Stadtdirektor Jürgen Meyer ist die Entscheidung der Gewerbeaufsicht unterdessen »völlig unverständlich.» Experten der Versicherung und ein Ingenieurbüro hätten die Arbeiten abgesegnet, betont Meyer. »Nun arbeiten wir als Verwaltung mit Hochdruck daran, die Situation zu klären.» …
Damit die Fassade nicht zusammfällt, wurde die Schwerkraft mit Holz überlistet. Das Holz sah Anfangs recht schick aus und die Anliegerseele war beruhigt. Vorerst jedenfalls.
02.03.2007
Korsett für den Ratskeller
Bildunterzeile: Ein Holzgerüst sichert die Mauern des am 13. Januar ausgebrannten Hotels Ratskeller in Dannenberg. Die starken Stützen ruhen auf Betonfundamenten, wie hier in der Langen Straße. Wird sie am Montag wieder für den Verkehr frei gegeben? Dies hoffen unter anderem die Geschäftsleute in der Innenstadt.
Vom heutigen Standpunkt aus betrachtet wird gern vergessen, dass die Brandursache zu diesem Zeitpunkt noch nicht endgültig geklärt. In Folge dessen kochte die Gerüchteküche. Brandbeschleuniger, Brandstiftung? Sechs Monate nach dem Feuer äußerte sich die Polizei gegenüber der Presse, die ihrerseits die Dannenberger über die Erkenntnislage informierte.
14.06.2007
Stillstand auf Verdacht
…»Es ist niemand verhaftet worden und es gibt auch keine neuen Erkenntnisse was die Brandussache oder einen möglichen Täter anbelangt», heißt es von der Pressestelle der Ermittlungsbehörde. Anderenorts gibt man sich allerdings auskunftsfreudiger. Es sei eine Anzeige bei der Polizei eingegangen, in der eine Person der Brandstiftung am Ratskeller bezichtigt werde, heißt es aus für gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen in der Dannenberger Verwaltung. …
Nachdem zuerst die Brandermittler für „Verzögerungen“ verantwortlich gemacht wurden, war es anschließend der Denkmalschutz. Der wollte das nicht unwidersprochen stehen lassen. Denn:
23.06.2007
»Keine Verzögerung durch Denkmalschutz»
Gegenüber der EJZ hatte der Eigentümer des Ratskellers erklärt, die Bauarbeiten würden unter anderem deswegen derzeit ruhen, weil er noch verschiedene Dinge mit der Denkmalschutzbehörde zu klären habe. So wolle die Behörde noch klären, »welche Balken im Inneren noch raus müssen». Davon wisse man bei der Verwaltung jedoch nichts, heißt es in dem Schreiben.
Zukünftige Nutzung? Davon wusste man im Kreishaus nichts. Konnte man auch nicht. Denn etwa zu dieser Zeit war man in der Dannenberger Verwaltung noch schwer am Vorbereiten. Sieben Monate nach dem Brand war man noch am Diskutieren:
13.07.2007
»Das ist furchtbar für die Stadt»
… Die Stadtverwaltung ist nicht untätig: »Wir kennen die Beschwerden, und sie werden in der Verwaltung und auch in den Arbeitskreisen des Marketings diskutiert», berichtet Ursula Fallapp, Leiterin des Marketings im Bereich Elbtalaue. Man bemühe sich sehr intensiv, zusammen mit dem Eigentümer des zerstörten Gebäudes, Hotelier Uwe Koch, ein Konzept für die Zukunft des Hauses zu entwickeln. »So schnell wie möglich» sollen die Arbeiten am Ratskeller wieder aufgenommen werden, das wünsche sich auch die Stadt und vor allem »eine Nutzung, die gut ist für Dannenberg.» …
Die hausinterne Diskussion und die Bemühungen mit dem Eigentümer zu sprechen, erforderten einen ausgedehnten zeitlichen Rahmen. Zwischenzeitlich drehte sich die Welt weiter und in Brüssel wurden ZIEL 1-Fördermittel in Aussicht gestellt. In Dannenberg wurde folglich ein Masterplan für die künftige Entwicklung entworfen. Bahnbrechend: Der Plan sieht nicht nur vor, den Ratskeller sondern gleich mehrere andere Gebäude dem Erdboden gleich zu machen – Anything goes … :
26.09.2007
Lasagne im Hausboot?
Noch gähnen leere Fensterhöhlen aus der Ratskeller-Ruine in Dannenberg. Doch das Gebäude könnte »wiederbelebt» werden -als Hotel Garni mit 50 Betten: Verankert ist diese Idee, und mehr ist es noch nicht, im »Stadtentwicklungs- und Wachstumskonzept». …. Wird die Idee für den Ratskeller umgesetzt, »dann hätten wir erstmals ein Haus, in dem wir die Passagiere eines ganzen Reisebusses unterbringen könnten», sagte Meyer.
Schöne Pläne. Doch ach, es kam der Winter. Mehr als ein Jahr nach dem Brand fühlte sich der abgebrannte Ratskeller im Stadtkern an wie ein hohler Backenzahn im Mundraum. Es riecht schlecht und der schale Geschmack ist nur mit viel Wodka zu ertragen.
01.02.2008
Allmählich wird’s »schmerzhaft»
… »Wir können nicht so einfach was machen», erläuterte Stadtdirektor Jürgen Meyer. »Der Ratskeller ist Privatbesitz, wir haben da keine Möglichkeiten.» Und genau das ist derzeit das Problem. Denn, so war aus dem Rat zu erfahren, der bisherige Besitzer des Gebäudes will offenbar gar nichts unternehmen, denkt weder an einen Wiederaufbau noch an eine andere Nutzung. »Es gibt aber andere Interessenten», stellte Stadtdirektor Meyer heraus. Doch diese wollen und können – nach eigenen Aussagen – nicht investieren, solange das Gebäude unter Denkmalschutz steht. …
Es folgten weitere Monate der Ruhe. Es war so ruhig, dass einige unruhig auf ihren Stühlen hin und herrutschten nachfraten, was denn jetzt wohl werde. Vor allem wann!
Der Schnee war geschmolzen und trotzdem tat sich nichts. Aber in der Stadtverwaltung, im Bauausschuss und auch sonst wollte man sich nicht äußern. Das Zauberwort heißt 13 Monate nach dem Brand: „nichtöffentlicher Teil“.
14.04.2008
Den Mantel des Schweigens etwas gelüftet
… Und daher sei der ZOB auch ansehnlich zu gestalten, und zwar – und jetzt wird es interessant – auch im Hinblick auf die vorgesehene künftige Nutzung des abgebrannten Ratskellers. Erstaunlich, denn von einer künftigen Nutzung des Ratskellers ist bislang noch nichts bekannt. Und bei der Verwaltung offensichtlich auch nicht, denn deren Vertreter Jens Hesebeck erklärte gleich, dass man im Rathaus von solcherlei Dingen nichts wisse. Allerdings etwas muss es wohl doch zu berichten geben über den Ratskeller, denn die Angelegenheit wurde sogleich in den nichtöffentlichen Teil der Bauausschussitzung verschoben. …
Wer im Original-Artikel nach mehr Informationen sucht wird feststellen, dass der Mantel des Schweigens zu schnell wieder vor’s Gemächt gezogen wurde. Zu sehen beziehungsweise zu lesen war jedenfalls nix; weder hüben noch drüben. Aber mit etwas Phantasie lässt sich ahnen: Da will ein Investor unerkannt bleiben.
A propo drüben und als kleiner spekulativer Exkurs: Während in Dannenberg nach einem Investor gesucht wurde, machte sich drüben in Dömitz ein besonders erfolgreicher gerade unter Absingen häßlicher Lieder von dannen.
Ein Jahr und zehn Monate nach dem Ausbruch des Feuers stand endlich unter dem Ruinenfoto in der EJZ zu lesen:
01.10.2008
Planung für Bebauung fertig
Eine neue Bebauung am Ort des abgebrannten Ratskellers in Dannenberg hängt weitgehend von der Entscheidung der Denkmalpflege ab. Diese Entscheidung könnte in dieser Woche fallen. Dann wird ein Modell einer neuen Bebauung vorgestellt. Wenn diese Vorstellung auf die Zustimmung der Denkmalpflege beim Landkreis stößt, könnte nach Angaben von Dannenbergs Stadtdirektor Jürgen Meyer noch vor Jahresende ein Bauantrag gestellt werden.
JETZT geht’s los, denkt sich der ungeduldige Dannenberg noch. Einige Anlieger sollen schon von anrückenden Radladern und Presslufthämmern träumen, wollen sogar selbst Hand anlegen. Aber:
22.10.2008
Weiter Stillstand an der Ruine
… Was genau die Pläne des möglichen Investors vorsehen, dazu gibt es keine offiziellen Auskünfte. Weder von der Stadt Dannenberg noch vom Landkreis. Gut informierte Kreise sprechen jedoch von einem Hotel, einem Saal und einer Stellfläche für Reisebusse. Und es heißt, dass der Erhalt der Fassade nicht vorgesehen ist. An der Fassade hänge jedoch auch niemand wirklich. Wichtig sei, dass die untragbare Situation am Marktplatz endlich beseitigt werde, so der Tenor unter den Beteiligten in Stadt und Landkreis. Niemand wolle einem Investor »unnötig Steine in den Weg legen». …
Braucht man auch gar nicht. Die Steine liegen seit mittlerweile zwei Jahren in Form von Fundamentblöcken mitten auf dem Gehweg rund um den Ratskeller. Ãœbrigens so geschickt platziert, dass niemand dran vorbei kommt – außer dem Investor, wie zu hoffen ist.
Die Zeit der Heimlichtuerei ist hoffentlich bald vorbei. Seitens der Anlieger wird jetzt Druck gemacht. Es äußert sich diesmal nicht der Stadtdirektor, nicht das Marketing sondern die erste Samtgemeinderätin Steckelberg:
12.03.2009
Liste gegen das »Dreckloch»
… Dieser Stand ist, dass schon seit einiger Zeit eine Abrissgenehmigung für den Ratskeller-Rest beim Landkreis als zuständiger Behörde beantragt sei, denn es gebe bereits einen Investor, der auch schon Pläne für das Areal inmitten der Stadt habe – wenn erst einmal die Ratskeller-Ruine abgerissen ist. Der Abriss muss jedoch erst in »trockenen Tüchern» sein, war aus der Dannenberger Verwaltung zu hören: Ohne diese Abrissgenehmigung gebe es keinen Kauf und entsprechend auch keinen Neubau.
Jetzt liegt der Ball also im Feld der Kreisverwaltung. Mit etwas Glück ist dort ein Investor und ein Nutzungskonzept bekannt. Mit etwas Pech werden wir am 6. April hören, dass man jetzt nicht mehr zuständig sei.
Ach ja: Wikipedia hat übrigens einen lesenswerten Artikel über Dannenberg veröffentlicht. Vielleicht sollte mal jemand Korrekturbedarf anmelden …?
Wikipedia
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