Wer rundum über Lüchow-Dannenberg informiert sein will, wird nach wie vor auf die Zeitung zurückgreifen.
Jens Feuerriegel, EJZ, 25.02.2009
Über die EJZ habe ich schon den einen oder anderen Beitrag geschrieben. Der Online-Auftritt ist dabei immer etwas kritisch betrachtet worden. Zu dürftig, altbacken und eingeschränkt habe ich EJZ.de bisher empfunden. Inzwischen bin ich überzeugt: Das war gewollt. Mein Lieblingsredakteur „gel“ hat seine ablehnende Haltung gegenüber den neuen Medien nie verborgen.
Dass zwischenzeitlich doch ein Relaunch der Website meiner Lokalzeitung stattgefunden hat, habe ich aus der Zeitung erfahren. Es ließ sich wohl nicht verhindern, nicht mal von gel 😉
Selbst wenn die Dinge im Wendland manchmal etwas länger dauern, auch hier im Nordosten Niedersachsens tut sich in Sachen Online so einiges. Gerade der kleine aber emsige Anzeigenkonkurrent der EJZ, der Kulturkalender ZERO, hat sich mit seiner Art der Online-Präsents zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz um die Meinungsführerschaft entwickelt.
Hübsch aber dünn
Gut sieht sie aus, die neue EJZ.de. Was beim Relaunch der EJZ im Web herausgekommen ist, enttäuscht trotzdem.
- Partizipation beschränkt sich auf Umfragen, Kommentare zu einzelnen Artikeln sind nicht möglich. Dass Bedarf besteht, zeigt ausgerechnet das neue Umfrage-Tool. Nur dort sind Kommentare möglich. Anders als im Wespennest werden aber die abgefragten Email-Adressen veröffentlicht und öffnen des Spammern das Tor ins Wendland.
- Das Archiv ist gänzlich weggefallengut versteckt. Wenn das Netz für Zeitungshäuser überhaupt einen direkten Mehrwert bietet, dann das Archiv. Ein echter Zusatznutzen, den man zum Beispiel in einem geschlossenen Bereich den Abonnenten der Printausgabe anbieten könnte.
- Angebotene Video haben mit dem Landkreis nix zu tun. Ich wette, dass die EJZ dafür auch noch Geld bezahlt. Mittel, die sich der Verlag locker sparen könnte, denn aktuelle Informationen bezieht der Onliner eh über andere Kanäle (Stichwort Rundfunk). Wenigstens die Kinotrailer könnten mit dem Angebot in Lüchow abgesprochen werden. Aber Fehlanzeige.
- Links nach innen wie außen gibt es nicht. Ein typischer Denkfehler der gerne von klassischen Medien gemacht wird: Anstatt Links auf Archiv-Artikel, Expertenseiten oder Blogs zuzulassen, versucht man gerne, den Leser auf Teufel komm raus auf der eigenen Seite zu halten. Service ist das nicht.
Schade eigentlich, denn die Gnade der späten Entwicklung macht es den Lüchowern im Grunde genommen leicht, sich gute und funktionierende Online-Adaptionen von Lokalzeitungen im Web anzusehen, aktuelle Entwicklungen zu berücksichtigen und davon zu profitieren.
Dass es auch anders geht, macht ausgerechnet die benachbarte Altmark-Zeitung vor. Die Zeitung, deren Gründung ohne aktive Hilfe der EJZ nach der Grenzöffnung gar nicht möglich gewesen wäre (abenteuerliche Geschichten kann Hajo erzählen), hat in meinen Augen einen guten Ansatz gestartet.
Zusammen mit dem wirtschaftlich verbundenen Redaktionen aus Uelzen und Isernhagen hat man dort wesentlich besser auf Partizipation gesetzt.
„Kennen Sie einen Link zum Thema? Mailen Sie ihn uns!“ – Ein so simpler Aufruf macht es dem Leser leicht, sich mit dem Angebot und dem Thema zu befassen. Spezialisten in der Leserschaft werden eingebunden, ohne dass die Redaktion sich übermäßig viel Blöße gibt.
Videos von Außenterminen werden – grob zusammengeschnitten – als Zusatzmaterial zur Verfügung gestellt. Auch hier ist der Aufwand überschaubar, der „Schau mal“-Effekt aber enorm. Learning by doing ist nicht schlimm und bekommt im Web sein eigenes Etikett: Beta
Ausprobieren ist das Stichwort.
Dazu bedarf es eines gewissen Spieltriebes, der aber so gar nicht zu einer seriösen Redaktion passt. Vielleicht kommt der Appetit mit dem Essen. Dann können sich Print und Online auch bei der EJZ in Zukunft wirklich befruchten – egal, was die von gel zitierten aber namenlos gebliebenen Medienwissenschaftler darüber denken.
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