Think big: Wer war wann, wo?


Du bist da, wo du bist.
Wer sich noch nicht ganz von seiner realen Identität verabschiedet hat, definiert seine Position in der Regel über den Ort an dem er sich zur Zeit befindet. Die Frage „Wo bist du“, beschäftigt auch ein – man höre und staune – deutsches Unternehmen mit Namen Plazes.com.
Das hört sich schwer nach Internet an und das trifft den Nagel auf den Kopf.
Plazes.com bietet einen Service an, der die lästige Frage nach dem „Wo bist du?“ überflüssig machen könnte. Das wäre durchaus eine kulturelle Katastrophe, diese Frage stellt sich gerade zu Zeiten des Handy doch relativ leicht und daher häufig. Anstatt diese Frage jeden Tag immer wieder zu beantworten, kann der Mensch auch einfach sein Handy oder Laptop mit einem kleinen Programm impfen.
Auf der Internetseite beta.plazes.com kann so jeder Bekannte oder Kunde oder Unbekannte auf einen Klick sehen, wo sich das Handy oder Computer des Gesuchten gerade befindet. Schöner Nebeneffekt: Sein Handy kann der Gesuchte nie wieder verlieren. Im Zweifelsfalle könnte er sogar einfachen einen Bekannten bitten, mal eben nachzusehen.
Wer das nicht tun möchte oder einfach mit der Frage „wo bist du“ leben kann, der braucht jetzt hier nicht weiter zu lesen. Jeder der etwas mit Medienkompetenz oder der Vermittlung eben dieser zu tun hat, dem sei dieses hier empfohlen:

Mit-Gründer Stefan Kellner erklärt, warum seine Plattform nicht zum Big Brother taugt, warum wir derzeit Medien vergewaltigen und warum in Deutschland Web-Start-Ups eine so seltene Spezies sind.

Elektrischer Reporter

Besonders interessant für meine Freunde bei Volkswagen ist der Hinweis von Stefan Kellner, dass auch GPS zur Ortung eingesetzt werden könnte. GPS, Auto – da geht doch was?

Aber, und immer kommt aus irgendeiner Richtung ein Aber: Das Argument, das Stefan Keller anführt, der User könnte durchaus Einfluss darauf nehmen, wem er Zugriff auf seinen Aufenthaltsort gewähren will ist löchrig wie ein Schweizer Käse.

Für plazes.com allein betrachtet, mag das durchaus stimmen. Geradezu unmöglich wird es in der Praxis, in der ich meine verschiedenen „Identitäten“ im Auge behalten muss.

Würde ich, wie vorgeschlagen, plazes.com in Verbindung mit openbc.com (das jetzt übrigens „Xing“ heißt) oder dem bei Kindern und Jugendlichen favorisierten MySpace nutzen, erweitert sich mein Profil unter denen mich meine Kontakte erreichen, plötzlich um den Aufenthaltsort.

Eine solche Öffentlichkeit ist dann doch etwas unheimlich. Es ist nötig, eine Liste zu erstellen: ‚Wer soll meine Daten nicht sehen können?

Allein der Umstand, dass ich vor einem aktuellen Termin (vor jedem Ortswechsel?) meine Kontakte auf eventulle Konsequenzen überdenken, überprüfen und anpassen muss, ist eine Arbeit die nicht vernachlässigt werden sollte.

Natürlich kann ich mir überlegen, ob ich meine aktuelle Position überhaupt angeben will. Aber nur wenn ich es verlässlich tue, macht ein Dienst wie Plazes.com überhaupt Sinn.

Es ist allerdings geradezu zynisch, in diesem Zusammenhang von einem ‚gewissen Maß an Medienkompetenz‚ zu sprechen.

‚Insofern setzt es eine gewisse Medienkompentz voraus nämlich zu entscheiden ‚was will ich veröffentlichen, was will ich nicht veröffentlichen‘. Ich hab bei Plazes die Kontrolle, ich kann auch die Orte wo ich einmal war auch wieder verändern und wieder löschen‘, O-Ton Stefan Kellner, Elektrischer Reporter 09.

Ja, danke fein? Die Tatsache, dass all meine Aufenthaltsorte auch noch gespeichtert und veröffentlicht werden, macht das Problem nämlich nicht leichter. Ganz im Gegenteil. Wie der von mir so hoch geschätzte elektrische Reporter aka Marius Sixtus in einem Kommentar auf seinem privaten Blog so treffend bemerkte:

Das Netz vergisst nicht. Mögen sie sich noch im Jahre 2016 über ihre damalige (heute: heutige) Blödheit ärgern und mögen die Initiatoren in ihrem nächsten Leben als Blinddarmnarbe zur Welt kommen.

SIXTUS.NET – Blog | Auf nach Berlin


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