So gesehen: teures Öl = gute Sache

Ich kann mich noch deutlich an die Aufregung erinnern, als die bundesdeutschen Grünen einem Benzinpreis von 5 DM/Liter das Wort redeten. Das ist inzwischen fast zehn Jahre her. 1998 auf dem Parteitag in Magdeburg beschlossen, kostete diese Geschichte die BündnisGrünen so richtig viele Wählerstimmen und das Prädikat „regierungsfähig“.
5 DM/Liter das war 1998 so utopisch, dass die Nation den Kopf schüttelte und sich viele Bürgerliche von den Grünen entnervt abwandten.
Heute, fast zehn Jahre später, ist der Preis von 2,50 €/ Liter gar nicht mehr so unvorstellbar. Der Preis für ein Fass Rohöl steht kurz vor 100$ und die Fieberkurve der Preise an der Zapfsäule treibt nicht nur mir die Tränen in die Augen.
Trotzdem – das Ganze hat seine positiven Seiten.
Teures Öl macht erfinderisch. Zumindest der deutsche Mittelstand profitiert von seinem Innovationsvorsprung bei energieeffizienten Produkten. Was bislang höchstens die Europäer interessierte ist inzwischen weltmarktfähig. Trotz hohen Euros…

Weil deutsche Firmen schon seit Jahren mit den Anforderungen an eine energiearme und ressourcenschonende Produktion vertraut sind, haben sie auf den Energie- und Rohstoffmärkten der Zukunft besondere Erfolgschancen. Von A wie Abfallstoffe bis Z wie Zuckerrüben stecken gerade in den Köpfen deutscher Tüftler Unmengen von kreativen Ideen, wie sich aus allem und jedem Energie für die Zukunft gewinnen lässt.

Spiegel Online
Etwas altklug formuliert: Wer sich frühzeitig um absehbare Probleme (Energieknappheit) kümmert, profitiert nach einer mehr oder weniger langen Durststrecke richtig.
Interessant finde ich die Frage der Verhältnismäßigkeit. Eine mögliche Antwort habe ich bei Laurenzennser für Österreich gefunden. Im Verhältnis zum verfügbaren Einkommen ist der Benzinpreis nämlich gar nicht so drastisch gestiegen.
Nicht verschweigen möchte ich in diesem Zusammenhang auch, dass der eingangs erwähnte Parteitagsbeschluss der Grünen für die Preiserhöhungen einen Zeitraum von 10 Jahren ins Auge fasste und entsprechende Ausgleichsmaßnahmen bei der Kfz-Steuer vorsah.
Rechnet man die ausgebliebenen Entlastungen auf den Benzinpreis an, dürften wir die Marke von damals fast geknackt haben, oder?


Kommentare

7 Antworten zu „So gesehen: teures Öl = gute Sache“

  1. Das Problem ist ja Folgendes: Hätte man die Grünen machen lassen, dann hätten wir heute vermutlich schon 4-5 Euro pro Liter zu löhnen. Denn diese 5 Mark waren ja nur mehr oder weniger ne Hausnummer, es ging nicht darum den Preis künstlich irgendwie dorthin zu bringen, sondern Benzin unbedingt teurer zu machen.
    Und mit dieser Logik hätte man die natürliche Preisentwicklung vermutlich so gut wie nicht berücksichtigen wollen, sondern den Markt als willkommene Unterstützung im Kampf gegen das Auto angesehen.
    Grundsätzlich fände ich es aber durchaus gerechter, wenn die KFZ-Steuer komplett abgeschafft würde und unsere Straßen nur noch durch eine Spritsteuer finanziert werden würden. Noch gerechter wäre zwar wahrscheinlich eine Maut aber da dann der Öko-Gedanke unter den Tisch fallen würde (Spritfresser wären dann ja nicht mehr ganz so viel teurer und so…) wird sowas wohl so schnell nicht mehrheitsfähig.

  2. Gehen wir mal davon aus, dass das Ende der Fahnenstange in Sachen Benzinpreis noch lange nicht erreicht ist.
    Die Konsequenz wäre der Aufbau einer funktionierenden ÖPNV-Infrastruktur. Das ist scheinbar gerade auf dem flachen Land ein Ding der Unmöglichkeit.
    Aber wie beim Benzinpreis gilt auch dort: Unmöglich ist nix – es ist nur eine Frage der Zeit 😉

  3. Oh, man kann bestimmt ganz Niedersachsen mit nem tollen Ubahnnetz ausstatten und damit Autos komplett überflüssig machen, reine Kostenfrage;)
    Ne, ich glaub dass die Zukunft zumindest außerhalb der großen Ballungszentren dem Individualverkehr gehört und auch gehören sollte. Alles andere wird sehr teuer, bietet dem Nutzer nur beschränkte Möglichkeiten (ein Problem bei immer indivdueller werdenden Arbeitszeiten) und ist mitunter sehr anfällig gegenüber äußere Einflüsse (wer diese Tage Bahn fahren will weiß, was ich meine).
    Die Preisfrage lautet eigentlich nur, wann die Leute vom Benzinpreis die Schnauze voll haben und der Markt für Alternativen in Fahrt kommt.

  4. U-Bahn ist eh scheiße. Dauert viel zu lange, bis man wieder rauchen kann – und dann diese vielen Stufen … 😉
    Die Alternative wäre die: In 30 Jahren (dann bin ich 70) kaufe ich mir mein neues Wasserstoff-Auto, nutze meine Solaranlage auf der Garage als Tankstelle.
    Dafür investiere ich bis dahin Summe X. Mit 78 gebe ich den Führerschein ab und warte auf das Ende – unmobil, ans Haus gefesselt und dann…?
    Allein aus demografischen Aspekten macht der ÖPNV Sinn, dass es dabei auch bei den Arbeitszeiten flexibel zugehen darf, beweisen die Großstädte.
    Im Ernst: Warum der ÖPNV auf dem flachen Land zu teuer sein muss, ist mir nicht klar. Es wäre mal spannend zu erfahren, wie groß der Investbedarf/Fahrgast in Berlin, München oder Düsseldorf ist. Der Vergleich mit einer Landkommune ist mit Sicherheit spannend.

  5. Ich bin mir nicht sicher, ob Wasserstoff wirklich die Zukunft ist, zumindest zum Benzin gibt es ja bereits heute einige günstigere Alternativen. Sind nur nicht so bequem wie Benzin, das ist natürlich klar.
    Großstädte haben natürlich auch noch das Problem, dass sie ÖPNV schon deshalb anbieten müssen um keinen Verkehrskollapps zu erleiden – man stelle sich einfach nur mal Hamburg ohne ÖPNV vor…
    Insofern gibt es in Ballungszentren ja nicht nur den Gedanken, Ubahn & Co als Service anzubieten, sondern es ist schlicht zur Notwendigkeit geworden um weiter wachsen zu können.
    Ich glaub damit relativiert sich der Vergleich der Kosten/Fahrpreis-Verhältnisse etwas.
    Ich sag ja nicht, dass ÖPNV auf dem Land nichts zu suchen hätte. Aber eine Dichte wie in großen Städten zu erreichen, dass halte ich für wenig erstrebenswert.
    Auch alte Leute können Taxi fahren, wenn sie sich nicht mehr in Autos trauen. Das wär mein Alternativvorschlag für Gegenden ohne ÖPNV (ich komm selbst aus so einer). Die mögen nicht so günstig sein wie ein Linienbus aber der Linienbus ist auch nur dann günstig, wenn er voll ist, was wiederum auch nicht ganz einfach hinzukriegen ist. Das beides mal bezüglich Kosten und Nutzen zu vergleichen fände ich ja mal sinnvoll.

  6. Jetzt will ich ja nicht zynisch wirken – aber mit dem Taxi zum Aldi ist ziemlich teuer.
    Meist ist es für die „Alten“ ja die tägliche Fahrt in die „Stadt“, die für ernste Probleme sorgt. Die „Jungen“ müssen „nur“ die Fahrt zur Arbeit bewäligen. Beides sind aber kalkulierbare Größen.
    Was die Notwendigkeit von ÖPNV in Großstädten angeht: Ein Verkehrskollapps kann meiner Ansicht nach auch das vollkommene Ausbleiben von Verkehr sein 😉
    Ich kann deine Einstellung nachvollziehen, stosse aber früh an Grenzen.
    Wenn es nicht möglich ist, Mobilität für Massen (oder maßgebliche Personengruppen) zu einem angemessenen Preis zu organisieren, wird unsere Gesellschaft vor ernste Probleme gestellt werden.
    Aus der Anfang des Jahrhunderts gewonnenen Freiheit motorisierter Mobilität entwickelte sich nämlich im Laufe der Fortschritts erst der Drang und dann der Zwang, mobil zu sein.
    Ich bin davon überzeugt, dass unsere arbeitsteilige und konsumorientierte Gesellschaft ohne diese Mobilität unvorstellbar wäre.
    Ich lebe aber recht gerne in dieser Gesellschaftsform – gerade weil sie ein Höchstmaß individueller Freiheit ermöglicht – und bin deswegen überzeugt, dass sie den Menschen – auch auf dem flachen Land – sichere Mobilität ermöglichen muss.
    Sie muss – wie der von mir im Artikel erwähnte Mittelständler – innovativ mit einem Problem umgehen können. Am besten frühzeitig.
    Verknappung von Ressourcen bedeutet steigende Preise. Als Individuum bleibt die nur die Suche nach Ersatz oder Steigerung der Effizients. Weil sich aber viele Individuen auf der Suche befinden, ist Individualverkehr keine effitiente Lösung. Wer seine Suche bei Ersatztreibstoffen beendet, steht in einer Sackgasse 😉
    Ich bin überzeugt, eine kollaborative Lösung macht mehr Sinn… von mir aus gerne mit alternativen Treibstoffen jeder Art.

  7. Taxi war jetzt n Extrembeispiel. Aber auch die Taxifahrt zu Aldi wird schnell erschwinglich, wenn man sich die Fahrt zu mehreren teilt – das eine schließt ja das andere ja nicht aus. Letztlich wär auch dass dann irgendwo eine kollaborative Lösung. Der Unterschied liegt aber in der Effizienz, weil bei einem starren ÖPNV normalerweise ein Fahrplan gemacht wird, der sich bestenfalls zwar grundsätzlich nach dem Bedarf richtet, aber notfalls auch ohne Fahrgäste sein Programm durchzieht. In meiner Heimatstadt kann man das wunderbar erleben, wenn man sich den sogenannten „Stadtbus2“ ansieht, der auch wirklich nur in der Innenstadt seine Kreise zieht und an guten Tagen zur Hälfte mit Leuten gefüllt ist.
    Es beim ÖPNV allen Recht zu machen ist eigentlich nur möglich, wenn man hohe Kosten in Kauf nimmt. Nun hat aber auch die Kommunalpolitik einen geiwssen Hang dazu, es möglichst vielen Leuten recht machen zu wollen, was gerade in diesem Bereich oft zu finanziell ineffizienten Systemen führt, so wie „mein“ Stadtbus eben.
    Darum wünsche ich mir manchmal etwas mehr Eigeninitiative und etwas weniger „Der Bus ist Mist“-Einstellung. Welcher Bus ist schon so individuell und Effizient wie eine gut eingespielte Fahrgemeinschaft?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert