Ich muss das hier noch einmal ausdrücklich klarstellen: Abstand halten, Maske Tragen, Hände Waschen – Ich unterschreibe das! Gerade deswegen möchte ich wissen woran ich bin.
Darum auch der Aufwand mit den Inzidenzien hier im Wespennest. Und ganz im Ernst: Wenn ich es ausrechnen könnte, warum sollte ich es nicht tun? Wer sich nicht traut hat schon verloren.
Aber nun ist es raus: Es gibt viele Inzidenzien.
Mein Chef hat mir heute den Spiegel vorgehalten und zwar ganz praktisch:
Doch die zentrale Zahl der Pandemie gibt das RKI in vielen Fällen falsch an, wie nun eine SPIEGEL-Datenanalyse ergeben hat. Mindestens 30 Prozent aller 7-Tage-Inzidenzen, die das Institut zwischen 31. August und 12. Oktober veröffentlicht hat, waren unvollständig und somit fehlerhaft. Bei ihnen fehlten die Daten von mindestens einem Tag komplett.
Spiegel Online
Es ist billig, dem RKI den schwarzen Peter zuzuschieben – auch wenn dort bestimmt vieles besser laufen könnte. Aber Hand aufs Herz: In welchem Betrieb wäre das anders, gerade wenn es stressig wird!
Also: Stellen wir doch einfach die richtigen Fragen:
- Welchen Weg nehmen die Daten bis zum Leser?
- Woran liegt es, dass Zahlen nicht in ECHTZEIT verarbeitet werden können?
- Geht das nicht anders?
Da kann ich natürlich lange spekulieren. Das ist müßig und auch fragen kostet nichts.
Das RKI habe ich nicht gefragt – die haben ihre Sicht der Dinge im og. Spiegel hinreichend dargelegt. Aber das Niedersächsische Landesgesundheitsamt (NGLA) und vor allem den Landkreis muss man schon selbst fragen, möchte man Informationen aus erster Hand.
Die Reise der Daten zum Leser
Aller Ursprung der Daten ist ein Labor. Dort werden Proben getestet und nach einige Stunden liegt das Ergebnis vor. Der Ergebnis wird im schlechtesten Fall per Fax an das zuständige Gesundheitsamt (welches das ist steht auf der Probe) übermittelt. Dort teilt sich der Weg:
Einerseits
… bespricht die Gesundheitsbehörde die Ergebnisse mit Landrat Jürgen Schulz.
Der Landrat und sein Stab bewerten und veröffentlichen die Daten auf der Internetseite des Kreises und sind damit erst einmal raus.
Sie erhalten nicht alle Daten, die mit der Probe in Zusammenhang stehen. Weder der Name noch der Wohnort des Infizierten wird übermittelt.
Diese Entscheidung hat übrigens das Gesundheitsamt selbst getroffen und zwar unterschiedlich für Uelzen und Lüchow-Dannenberg. Es wird nicht weiter gerechnet oder interpretiert.
Andererseits
… werden die Daten in ein Computersystem des Landes übertragen.
Dort stehen sie dem Niedersächsischen Landesgesundheitsamt zur Verfügung, werden einer Qualitätskontrolle unterzogen und verarbeitet.
Unter anderem wird hier der Inzidenzwert berechnet, nachdem Fälle zusammengefasst und korrigiert wurden.
Anschließend werden die Werte veröffentlicht (… und dem RKI zur Verfügung gestellt).
Das ist die Bezugsgröße des Landkreises für weitere Maßnahmen. Womit der Weg zum Leser abgeschlossen wäre, gäbe es nicht unabhängige Verarbeiter wie das Wespennest, Risklayer, das Rober-Koch-Insitut und allerlei dubiose Schwurbelgemeinschaften, die mit dem Datenwerk das tun wofür Daten da sind: aufbereiten und interpretieren, weiterverarbeiten und speichern.
Es wird EchtZeit
Ich habe beim Landesgesundheitsamt nachgefragt, wie die zeitliche Verzögerung zwischen Landkreis und Landesbehörde zu erklaren sei.
Das NLGA erhält einmal täglich die aktuellen Zahlen der GÄ. Die GÄ hingegen veröffentlichen ihre Zahlen in Echtzeit, dadurch kommt es zu Unterschieden. In seltenen Fällen sind technische Probleme Grund für Differenzen. Es ist zu betonen, dass der Infektionsschutz vor Ort für die kommunalen GÄ an oberster Stelle steht. In besonders belastenden Situationen, beispielsweise wenn auf mehrere Ausbrüche gleichzeitig reagiert werden muss, kann es vorkommen, dass die Übermittlung der Fälle verzögert stattfindet.
Ein Sprecher des NLGA per Mail
Nicht richtig schlau geworden bin ich aus der Antwort auf meine Frage, warum die Berechnungsgrundlage für den Inzidenzwert verschoben ist. Dazu teilt man mir mit:
Die Daten beziehen sich auf das Meldedatum. Das Meldedatum ist der Tag, an dem das jeweilige Gesundheitsamt den positiven Befund erhält.
Der Ansatz, die Daten in Echtzeit zu bearbeiten wäre natürlich aus vielerlei Gründen erstrebenswert. Unter anderem fallen mir Fehlerkorrekturen ein, die unmittelbar nach auftauchen vorgenommen werden könnten.
Dazu benötigt es aber einheitliche Systeme oder wenigstens Systematiken. Ich würde mich wirklich freuen, wenn sich unser Gesundheitssystem damit etwas eingehender auseinandersetzen würde. Vielleicht bevor die nächste Welle auf uns zurollt oder wenigstens die nächste Pandemie.
Geht das nicht anders?
Am besten wäre, solche Systeme würden auf europäischem Niveau oder sogar auf WHO-Niveau gedacht und entwickelt. Der Entwicklungsaufwand ist vergleichsweise derselbe. Der föderale Weg wie er beschritten wurde ist jedenfalls nicht von Vorteil. Man stelle sich vor, jeder Landkreis, jede Verwaltung müsste eigene Meldesoftware entwickeln, warten und betreiben. Systeme und Infrastrukturen müssen föderal genutzt aber zentral verwaltet werden. Dann klappt es auch mit dem Austausch. Wir haben noch etwas Zeit – aber nicht endlos!
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